Katzenschmuck für Katzenfreunde in Silber und Gold

Deerhounds Hunting Fr.B. Laska


Deerhound Hunting Schottische Hirschhunde bei der Jagd nach Hauptmann Fr.B.Laska
Zwinger u. Feld.
(vereinsunabhängige Hundezeitung, die in Deutschland in verschiedenen Verlagen zwischen 1892 und 1938 – mit Unterbrechungen – erschienen ist.)
Illustrirte Wochenschrift für Jägerei, Hundezüchtung, Schiesskunst, Fischerei und Reitsport.
Redigirt von Karl Brandt in Osterode a. Harz.
Sangerhausen, den 15. Januar 1898
Deerhounds bei der Jagd.
Von Fr. B. Laska, k. u. k. Hauptmann.

Sehr geehrter Herr Brandt!

Ihrer freundlichen Aufforderung, einmal auch etwas über meine eigenen Hunde und die Art und Weise zu schreiben, wie ich dieselben zur Jagd verwende, komme ich hier nach.
Ich muss aber bekennen, dass ich dies nur mit einem gewissen Zögern tue, besorgend, bei Ihren Lesern in den Verdacht zu kommen nach landläufigen Mustern >>pro domo<< zu schreiben und die Reklametrommel unter dem strengen Faltenwurfe klassischkynologischer Erörterungen zu verbergen.
Dass dem nicht so ist, wissen Sie wohl am besten und zum Glücke ist auch mein Liebling, der Deerhound, zufolge seiner Seltenheit und seiner, dem kontinentalen Jägerauge ungewohnten Erscheinung, ganz und gar nicht dazu angetan, jedermanns Hund zu sein.

 Meine Hunde stammen aus den bekannten Rossie-Kennels in Forgandenny, Grafschaft Perthsire (Nord-Schottland), deren, leider vor mehr als zwei Jahren verstorbener Besitzer, Mr. Weston Bell, sich unsterbliche Verdienste um die Aufrichtung dieser altehrwürdigen, beinahe verschwunden gewesenen Hunderace erworben hat.
Es rollt in meinen Hounds das älteste, edelste Blaublut ihrer sagenhaften Race.
Sie vereinen in sich die Vorzüge der Menzies of Chesthill –, Cameron Breadalbane – und Duke of Southerlandstämme und repräsentieren im Äußeren vollständig den sogenannten Champion Strathmore-Typus, d.h. den modernen, von den Richtern bevorzugten Hund mit feinem Kopfe und Ohr, eleganten Gliedmassen, hochgewölbten, geschlossenen Katzenpfoten und starrem, drahtigem Haar, das nicht sehr lang ist.
Ursprünglich hatten die Menzies of Chesthill-Hunde längeres, weiches, flockiges Haar, das besonders am Kopfe sehr ausgeprägt überhing. Heute ist dieser Typus nicht mehr beliebt und verschwindet langsam. Er wird in die Strathmoreform durch Auslese und Zuchtwahl umgeprägt.

 Bevor ich zum eigentlichen Zwecke meiner Zeilen übergehe, wollen Sie mir noch erlauben, einige Worte über die Höhe der Deerhounds zu sagen.
Man hat auf dem Kontinente hierüber, selbst in Kynologenkreisen, sehr irrige Ansichten, indem man meint, der Deerhound müsse unbedingt ein Riesenthier, etwa von 76 cm aufwärts, sein, je höher, desto edler und schöner.
So wurde auf einer kontinentalen Ausstellung des Jahres 1897 einer meiner Hunde, der nur einen Konkurrenten hatte, vom deutschen Richter hauptsächlich deshalb auf den III. Platz gedrückt, weil er dem Herrn (bei 72 cm Schulterhöhe) zu klein war. Derselbe Richter schloss auf derselben Ausstellung meine Hündin Highland Mary wegen ihrer Kleinheit (66 cm Schulterhöhe) vollständig von der Konkurrenz aus. – Dieselbe Hündin hatte aber einige Zeit zuvor, gelegentlich der Grazer Ausstellung 1896, von Mr. Raper, dem vom englischen Deerhound-Club autorisirten Richter, I. Preis erhalten, wobei der Richter die umstehenden Herren noch ganz besonders auf die hervorragende Schönheit Mary’s aufmerksam machte. Selbstverständlich remonstrirte ich gegen den abfälligen Ausspruch des deutschen Richters 1897 in gar keiner Weise und nahm ihn als >>genossen<< hin, meine >>Rache<< soll aber darin bestehen, dass ich die von eben dieser aus dem Ring gewiesenen Mary entsprosste Nachkommenschaft einem englischen Richter vorführen werde, der gewiss anders urteilen wird.
Mr. Graham, der berühmte Regenerator des Deerhounds, sagt in Vero Shaw’s >>Buch vom Hunde<< wörtlich: >>Es ist ein eigenartiger Umstand, dass der Unterschied zwischen dem männlichen und weiblichen Hirschhund umso grösser ist, je reiner das Blut ist, d.h. wenn wir von zwei reinblütigen Hunden züchten, so wird bei den ausgewachsenen Kindern die Höhe der verschiedenen Geschlechter um 10-15 Centimeter variiren, wohingegen, wenn die Mutter einer Kreuzung entstammte und von hoher Figur war, der Unterschied der Geschlechter bei ein und demselben Wurfe nur 5 Centimeter beträgt.
Und was noch sonderbarer ist, wenn eine derartige Hündin bedeutend höher war, als eine reinblütige, so würden ihre Jungen, von einem gleich ausgezeichneten Hunde gezüchtet, niemals an Höhe diejenigen Hunde übertreffen, die aus einer niedrigeren, aber edleren Hündin fielen.

<< Wer sich für die richtige Höhe der Deerhounds weiter interessirt, findet auch in Beckmanns grossem Werke am Schlusse des betreffenden Kapitels die detaillirten Masse einiger englischer Preisgewinner, woraus zu ersehen ist, dass der höchste dieser Hunde 74 cm am Widerrisse maß. 

Uebrigens existirt schon seit 1892 eine vom englischen Deerhound-Club officiell aufgenommene Beschreibung des Deerhounds, die von den Herren Hickmann und R. Hood Wright ausgearbeitet worden ist.
Ich gebe auch zur ggf. Kenntnisnahme zukünftiger Preisrichter, die noch keine oder nur wenige Deerhounds gesehen haben, den offiziellen Wortlaut über die Höhe dieser Race hier wieder. >>Höhe der Rüden: 28-30 inches (1 inch. = 2,5 Centimeter) = 70-75 cm oder mehr, wenn die Symmetrie nicht darunter leidet, noch der Hund grob aussieht, was gewöhnlich die Folge ist.
Höhe der Hündinnen: von 26 inches (65 cm!) aufwärts.

Eine Hündin darf gerne breit sein, nur nie grob. Selbst die grössten sind immer noch
kleiner, als die Rüden. – Demnach sind sie zur Arbeit nie zu schwer, was bei sehr grossen Hunden vorkommen kann. – Zudem ist eine massige Hündin zur Zucht behufs Beibehaltung der Grösse geeignet.
Gewicht: von 85-105 pounds die Rüden, „ 65 86 „ die Hündinnen.

<< Ich glaube mit Bestimmtheit, dass die früher erwähnten irrigen Begriffe über die Dimensionen und sonstigen Qualitäten des Schottischen Hirschhundes bei uns auf dem Continente durch die Verwechslung dieser Race mit dem ihr einst nahe verwandten Irish Wolfshound entstanden sind, der in den letzten Jahren in England aus dem Deerhound, dann aus spärlichen Resten der eigenen Rasse, unter Zuhilfenahme der veschiedensten grossen Hundeformen wieder neugeschaffen worden ist.
Bei ihm züchtet man auf Höhe und Masse, freilich heute noch zum sehr grossen.


Nachteile anderer Punkte, insbesonders aber der Pfoten, des Ohres und Haares, wie auch des typischen Adels der Gesammterscheinung.
Unter den bekannten Rassehund-Typen des deutschen Meisters Professor Sperling befindet sich auch ein Deerhoundbild, eine Hündin >>Druahmah<< darstellend, die vor Jahren in Deutschland gestanden ist.

Im Interesse meiner Rasse fühle ich mich dringend veranlasst, in sachlichster Weise dagegen Einspruch zu erheben, dass das dargestellte Tier, ein Deerhound sein solle. So hat seit Fingals und Ossians Zeiten nie ein Hirschhund ausgesehen! Mir ist es unerfindlich, wie dieses Bild, das sich auch in getreuer Reproduction am Titelblatte des >>Oester.

Hundesport befindet, bis zum heutigen Tage, wo ich dagegen schreibe, auf dem Kontinent als Schönheits-Ideal eines Schottischen Hirschhundes gelten konnte, ohne dass irgend Jemand Einsprache dagegen erhoben hat.

Abgesehen von dem ganz unmöglichen Körperbaue mit dem flachen, horizontalen Rücken und der sonderbaren, unnatürlichen Rutenwurzel stellt das Bild Druahmah’einen Hund mit total ausdruckslosem, nichtssagendem Kopfe dar, in den ein Menschenauge mit sehr viel weißr Hornhaut eingesetzt ist! Schon das schlapp herunterhängende, gemeine Ohr wäre allein geeignet, ein damit behaftetes Tier von jeder Konkurrenz auszuschliessen.

Das Allerunmöglichste aber an dem Bilde ist das Haar. Ich finde leider nicht den richtigen Ausdruck, um das Geschniegelte, das Unnatürliche dieser >>Haarfrisur<< eines starr drahthaarig sein sollenden Hundes treffend zu kennzeichnen. In tanto: ein >>Rassenbild<<, das tief unter dem Mittelmaasse steht und in die prachtvolle Sammlung herrlich – typischer Hundebilder des auch von mir voll bewunderten Meisters ganz und gar nicht hineinpasst. >>Wenn man nicht den haben kann, den man liebt, so muss man den lieben, den man hat<<, lautet der unsterbliche Ausspruch der Grossherzogin von Gerolstein, und so glaube ich denn auch, dass >>Druahmah<< selbst es war, die als einzige, damals in Deutschland stehende Repräsentantin des Deerhounds, Meister Sperling zum Modell dienend, nicht besonders viel Qualität besessen haben muss, wenn ihr Bild so ausfallen konnte. Der Umstand, dass sie als Hündin 80 (!) Centimeter hoch gewesen sein soll, sowie der mir bekannte Theil ihrer Nachkommenschaft, scheinen diese meine Ansicht nur zu bestätigen. Sollte aber, was ich als bestimmt voraussetze, irgend Jemand meine hier offen ausgesprochene Ansicht über Druahmah’s Bild zu bekämpfen wünschen, so mache ich schon jetzt einen >>Vorschlag zur Güte<<: wir übersenden das Bild in der, im Handel vorkommenden Reproduction an den Englischen Deerhound-Club und bitten um dessen fachmännisches Urtheil darüber! Diesem werde ich mich gerne beugen. Zu den jagdlichen Qualitäten des Hirschhundes übergehend, sende ich voraus, dass seit der intensiveren wirthschaftlichen Ausnützung der Schottischen Hochmoore zu Grouse – und Hochwildrevieren kleineren Umfangs die Hirschjagd mit dem Deerhound fast gänzlich außer Gebrauch kam und der Hirschhund von dem Schottischen Adel zumeist bloß wegen der alten Tradition gehalten wurde, die schon in Ossian’scher Vorzeit diesen edlen Hund mit dem Hochlandsadel gleichzeitig nennt.
 Ein schottisches Castell ohne Deerhounds in den Hallen und Höfen ist heute fast ebenso undenkbar, wie vor Hunderten von Jahren und ausserdem ist der Hirschhund gerade gegenwärtig der Lieblingshund der englischen Damen der ersten Gesellschaft geworden, die ihn wegen seiner edlen Charaktereigenschaften ungemein hochschätzen. Die Hunde der Herzogin von Sutherland erringen alljährlich die ersten Ausstellungspreise. Als ich dann vor einigen Jahren durch die fachmännische Vermittlung meines werthen Freundes J. B. Staub – Zürich die erste gedeckte Hündin aus Schottland nach Oesterreich brachte, that ich es mit der Absicht, diese prächtigen Thiere, die in ihrer nordischen Heimath fast gar nicht mehr zur Jagd verwendet werden, bei uns wieder an Wild zu bringen, die altererbten Instinkte wieder zu wecken und mir hierdurch Jagdbegleiter zu schaffen, die mir Freude machen sollten. Es sei mir erlassen, all’ das ungeheure >>Züchterpech<< zu schildern, das ich Anfangs zu überwinden hatte, die schweren Verluste an jungem und altem Zuchtmaterial aufzuzählen, die mir die Staupe schlug, ich will nur meiner Verwunderung über mich selbst, über meine Halsstarrigkeit Ausdruck geben, die mich stets wieder aufrichtete, wenn ich nach neuen Misserfolgen, nach neuen Täuschungen die Deerhoundzucht zu allen Teufeln wünschte. Heute habe ich (dreimal: >>unberufen!<<) diese schwere Anfangzeit fast vollständig überwunden, ich besitze eine ziemliche Anzahl tadellos geformter Hunde, die vollständig acclimatisirt und überaus wetterhart sind – und auch ihre jagdlichen Leistungen befriedigen mich sehr. Ich will es besonders betonen, dass ich zufolge meines Domizils, Wien, wo ich so viele Hunde gar nicht halten und noch weniger führen könnte, meine Schützlinge decentralisirt habe. Meine Hunde stehen bei werthen Freunden in Russland, Galizien, Ungarn, Steiermark und Kärnten und werden überall dort in intensivster Weise jagdlich verwendet. In Schottland wurde der Hirschhund, wie schon sein Name besagt, ausschliesslich zur Hirschjagd benützt. In früherer Zeit, wo die Reviere noch ungeheuer gross waren, ward stets nur der gesunde Hirsch mit den Hounds bejagt. Bekanntlich lebt das Hochwild Schottlands fast ausschliesslich nur auf den zerklüfteten, unbewaldeten Hochmooren, den Highlands, auf welchen es reichliche Aesung findet. Wollte nun der schottische Edelmann jagen, so war es zunächst die erste Aufgabe seiner Jägerei, den Standort eines besonders starken Hirsches oder eines Rudels Hochwild auszumachen, das nach der nächtlichen Aesung sich niedergethan hatte. War dies geschehen, so trachtete der Jäger, mit einer Koppel Deerhounds sich in den tiefen Bachbetten, hinter Felsklippen und Hügeln gedeckt, an das Wild möglichst nahe anzupürschen. Dann wurden die Hunde geschnallt und die wilde Jagd stürmte nun über Berg und Thal, bis entweder der Hirsch von besonders schnellen und starken Hunden niedergezogen wurde, oder, was häufig geschah, >>at bay<< ging, d.h. sich, besonders in der Feistzeit (d.i. die Zeit zwischen dem Fegen = Abstreifen des Bastes vom Geweih an jungen Stämmen und Zweigen und der Brunft. In dieser äsungsreichen Zeit wird der Hirsch sehr feist.), in einem Bachbette oder See zwischen Klippen einstellte und dort von den Hunden so lange, oft durch 24 Stunden, verbellt wurde, bis der Jäger, der der ganzen Jagd von einem hohen Punkte mit dem Fernglase gefolgt war, herbeikam und den Hirsch auf das Haupt schoss. Dass eine solche Jagd oft ungemein weit ging, versteht sich von selbst. – Man nannte diesen Jagdbetrieb >>Deerhunting<<. Als die Reviere kleiner, der Hirsche aber weniger geworden waren, gestaltete sich auch die Jagd mit dem Hirschhunde etwas modifizirter. Für das Hunting des gesunden Hirsches reichten die Revierflächen nicht mehr aus und es trat daher an seine Stelle das >>Deerstalking<<, die Jagd auf den kranken, d.h. angeschweissten (angeschossenen) Hirsch.
 Die Einleitung zur letzteren war dem Hunting völlig gleich, doch war es Aufgabe des Stalkers, den angepürschten Hirsch waidewund (in die Eingeweide), oder auf die Keule zu schiessen. Dann erst wurden die Hunde geschnallt und es verlief die Jagd wie früher geschildert. Wenn ich als österreichischer Jäger auch den hier beschriebenen absichtlichen Keulenoder Waidewundschuss schon aus altererbtem >>gerechten<< (alles, das den Regeln der Jagd im edlen Sinne entspricht) Sinne nicht gutheissen werde, so fällt es mir aber doch garnicht ein, auf unduldsam-chauvinistischer Basis dem englischen Jäger hieraus ein waidmännisches (nach den Regeln, Sitten und Bräuchen der Jagd im weiten und edlen Sinne handeln) Verbrechen zu formuliren, geradeso wie ich den Engländer deshalb, weil er den Fuchs nur par force jagt (Hetzjagd zu Pferde hinter der Meute) oder den Franzosen, weil er mit Meutehunden hinter dem Reh reitet, auch ganz bestimmt keinen >>Aasjäger<< nennen werde. Ein jedes Land hat andere Sitten, und ebenso, wie ich meine traditionell-österreichischen Jagdgebräuche und meine Jägersprache respektirt zu sehen verlange, so gestatte ich mir auch nicht, an fremder Nationen jagdgeschichtlicher Eigenart die Sonde gehässigen Spottes anzusetzen. Suum cuique! Ich sollte es wohl gar nicht zu erwähnen brauchen, dass mir bei Beschaffung meiner Hirschhunde keineswegs die oben kurz skizzirten englischen Jagdbetriebe des Hunting und Stalking als Vorbild, wie ich es machen wollte, im Sinne lagen. Nein! Ich kannte ja die Race aus der Praxis nicht und deshalb wollte ich vorerst einmal sehen, ob der in ihr seit langen Jahren unterdrückte Jagdinstinkt überhaupt noch zu wecken sei und wenn, welcher österreichischen Jagdweise sich der vornehme Celte am besten anpassen liesse. – Mit grossem Vergnügen erinnere ich mich noch des Septembertages, an dem ich meine bereits in Schottland gedeckte Hündin >>Schuloch<<, nachdem sie im August gewölft hatte, zum ersten Male ins Revier mitnahm. Es war bei Wien, im Hühner- und Hasenrevier am linken Donauufer, in welchem sich inmitten der Stoppelfelder einzelne ganz ansehnliche Gebüschparzellen befanden. Schon während des Hinausgehens in den Reviertheil, den ich bejagen wollte, bemerkte ich voll grosser Freude das rege Interesse, das meine edle Hündin jedem Hasen weihte, der vor uns bummelnd über die Stoppeln rutschte – sie warf stets hoch auf und stand dann in herrlichster Pose – jeder Nerv von toller Leidenschaft angespannt – da, ein Modell, würdig des Meissels Canova’s. Plötzlich, wir wollten eben einen niedrigen Hügel, den wir erstiegen hatten, hinuntergehen, fuhr ein Hase unmittelbar vor mir aus dem Lager und sah, dass er weiter kam. >>Schuloch<< legte sich bittend in den Riemen, da konnte ich denn nicht mehr grausam sein und >>gab<< ihr den Hasen, der schon etwa 70 Schritte vor uns dahinflüchtete. Gleichzeitig zog ich die Uhr. In viel, viel kürzerer Zeit, als ich dies hier niederschreibe, war >>Schuloch<< im elastischfördernden Deerhoundsprunge dem Hasen aufgerückt, der, ein behäbiger Marchfeldhase, die ihm drohende furchtbare Gefahr anfänglich nicht zu begreifen schien – er kannte eben >>diese Sorte<< Hunde noch nicht. Erst als die Hündin schon den Fang mit den blendendweissen Zähnen aufthat – erst dann ging ihm ein Licht auf und er begann rasend auszukneifen – zu spät! Plötzlich fing er im vollen Laufe an, jämmerlich zu klagen, dann griff ihn aber auch schon meine schöne Schottin, würgte ihn ab und liess ihn zu Boden fallen. Schon wollte ich den Hügel, auf dem ich gestanden, hinabeilen, um Lampen vor dem nun von mir sicher erwarteten Anschneiden (wenn ein Hund oder Raubwild ein erlegtes Stück Wild anfrisst) zu retten, - ich vermag aber nicht, mein Erstaunen zu beschreiben, als >>Schuloch<< ihre Beute aufhob, schön >>vorschriftsmässig<< im Gleichgewichte packte, und sie mir vollkommen korrekt im tänzelnden Trabe – apportirte! Erfreut über alle Massen rief ich ihr laut >>brav, brav, apporte<< zu, - da legte sie den Hasen nieder und blieb wie fragend bei ihm stehen – sie kannte augenscheinlich die ihr zugerufenen Worte nicht und fürchtete, mein Missfallen erregt zu haben. – Sofort schwieg ich und >>Schuloch<< packte den Hasen wieder, um ihn diesmal vor mir niederzulegen. Ich muss hier anführen, dass diese Hündin nie zu bewegen war, auf Befehl irgend einen Gegenstand zu packen und zu bringen, sie apportirte nur Wild und dieses nur ohne Befehl. Genau dieselbe Eigenschaft zeigen noch weitere 6 meiner Hunde, sodass ich beinahe zur Ansicht hinneige, das Apportiren von kleinem, seinen Kräften angemessen schwerem Wilde sei eine erbliche Eigenschaft des Deerhounds. – Bei dem von mir gezüchteten Stamme ist sie es unbedingt. Ich war so glücklich, an demselben Tage noch eine weitere, von verschiedenen Seiten stark angezweifelte Eigenschaft des schottischen Hirschhundes zu erproben, seinen vorzüglichen Geruchssinn. Kurz nach dem >>kill<< des ersten Hasen, ich hatte >>Schuloch<< wieder an die Leine genommen, fuhr ein zweiter heraus, diesmal jedoch etwas weiter, und in dem Verlangen, noch einmal die schöne Arbeit meiner Hündin zu bewundern, sah ich mich nicht lange um und hetzte an. Kaum war dies aber geschehen, als ich es auch schon bitter bereute: vor uns auf etwa 200 Schritte lag eine ziemlich dichte und umfangreiche Gestrüppfläche, zumeist aus Erlen und Schlehdorn bestehend und ihr strebte der Hase mit aller Eile zu – weit hinter ihm folgte die Hündin, anscheinend noch von der ersten Hatze etwas angegriffen, da sie ja kaum erst abgesäugt hatte und ganz außer training war. Ich hatte vom Hügel aus einen guten Einblick in das entblätterte, schütterne Buschwerk und als der Hase dasselbe annahm, konnte ich ihn mit den Augen deutlich verfolgen, wie er im schnellsten Laufe, bald verschwindend, bald wieder sichtbar, die Parzelle ihrer größten Längenausdehnung nach (etwa 300 Schritt) durchstürmte, auf der anderen Seite wieder herausfuhr und einer bewaldeten Berglehne zustrebte, die noch 800 bis 1000 Schritte entfernt war. Vor gewöhnlichen Windhunden, Greyhounds ist der Hase, der ein solches >>Waldmanöver<< ausführt, in der Regel gerettet und deshalb war ich über die selbst verschuldete >>Fehlhatz<< recht verdriesslich.
 Es sollte aber anders kommen. Schuloch, die etwa hundert Schritte hinter dem Hasen war, hatte diesen selbstverständlich aus dem Gesicht verloren, als ihn das Gestrüppe aufgenommen hatte; als sie nun selbst über den Rand eingedrungen war, blieb sie einen Augenblick stehen und holte sich Wind. Dann aber, sie war in einen hohen Trab gefallen, folgte sie mit sichtlicher Sicherheit und hochwindsuchend unentwegt der Hasenspur, arbeitete die zwei Haken derselben ohne Zögern aus und verliess genau auf derselben Stelle, wie früher der Hase, die Buschparzelle. Von diesem Momente an jagte sie wieder auf’s Auge und hatte in herrlichen, nur dem Deerhound eigenen Sprüngen ihr klagendes Opfer eben erreicht und gegriffen, als dieses im Begriffe stand, sich in den schützenden Bergwald zu retten. Die erste Hatz hatte 47 Sekunden, die zweite 4 Minuten 20 Sekunden gedauert. Ich werde später noch Gelegenheit finden, auf den Geruchsinn des Deerhounds zu sprechen zu kommen. Als ich mit der Zeit meine braven Hunde in verschiedene Länder zu vertheilen begann, leitete mich dabei die Absicht, ihnen hierdurch die mannigfaltigste Gelegenheit zur Jagd auf unterschiedliches Wild in verschiedenen klimatischen Verhältnissen zu bieten und so zu erproben, wofür sie sich am besten eigneten. Ich will es nun versuchen, die bis jetzt mit meinen Hunden erzielten jagdlichen Leistungen nach den Ländern geordnet, wo sie zur Jagd verwendet werden, hier zu besprechen.
Ich beginne mit Russland. Dort stehen Deerhounds meiner Zucht bei den Baronen von V….. ff in Livland und von E.....dt in Kurland. Ersterer Herr verwendet die Hunde seit diesem Herbste erst zur Jagd auf Elche, gleichzeitig mit seinen Bracken, sowie zur Fuchs- und Wolfsjagd. Wie ich hörte, sollen sie eine ungemein grosse Jagdleidenschaft besitzen, was mir vorläufig die Hauptsache ist. Näheres kann ich noch nicht berichten, da ich Nachrichten über detaillirte Leistungen erst zum Ende der laufenden Jagdsaison erwarten kann. Auch bei Br. E. sollen meine Hounds eben jetzt ihre erste Jagdperiode absolviren, doch erhielt ich über deren Schneid, Nase und Schnelligkeit schon öfter Nachrichten. Baron E. ist aus Passion und zufolge der örtlichen Lage seiner Güter ein Freund der Hetzjagd mit Windhunden und besitzt eine Anzahl ausgezeichneter englischer Greyhounds.
Kürzlich erhielt ich nun von ihm einen Brief, in welchem es heisst: >>Letzthin hatte ich
>>Ossian<< mitgenommen und war überrascht, ihn stets mitten unter meinen Engländern (Greyhounds) zu sehen. In diesen Tagen werde ich >>Ossian<< abermals in’s Feld führen (Ossian litt einen Monat lang an einer kranken Zehe) und nun in der Konkurrenz mit meinen trainirten Greyhounds führen, denen jetzt kaum ein Hase weglaufen dürfte<<. – U. s. w.
Ich erwarte denn mit grösster Spannung weitere Berichte, die aber erst im Februar oder März einlaufen dürften. Auch in Ungarn habe ich einen Rüden bei einem Freunde stehen, der zu den berühmtesten Hetzreitern des Landes zählt. Zu meinem Bedauern lauten seine Nachrichten jedoch nicht so günstig, wie jene aus Russland und von anderen Orten. – An Schnelligkeit kamen alle meine Hunde, die er bis nun führte, drei an der Zahl, seinen besten Windhunden gleich, mein Freund beschwert sich nur darüber, dass sie den Fuchs und Hasen zwar sehr rasch erreichen, diesen aber – nicht greifen! – Mir ist dies unfasslich, denn die Geschwister derselben Hunde leisten an Schneid auf jedwedes Wild in anderen Ländern geradezu erstaunliches. Allerdings muss ich es zugeben, dass fast alle meine Hunde, wenn sie das erste Mal an Wild gebracht wurden, in sichtlicher Verlegenheit waren, was sie damit wohl anfangen dürften. Sie benahmen sich wie schüchterne Cadetlein an der Tafel ihres Obersten: sie wagten es nicht, zuzulangen. Diese anfängliche Unentschlossenheit meiner hounds ist aber nur das ganz natürliche Resultat des Umstandes, dass der Deerhound in den letzten 40-50 Jahren eigentlich nur noch vornehmer Luxushund war und seine jagdlichen Instinkte eingeschlummert waren. Wie rasch diese jedoch wieder geweckt werden konnten, glaube ich mit meinen Versuchen glänzend bewiesen zu haben. Der Umstand aber, dass mein ungarischer Freund der Einzige ist, der über den Mangel an Schneid meiner Hunde sich beschwert, lässt mich schliessen, dass bei ihm in der Führung derselben eine nicht richtige Methode eingeschlagen worden sein muss. Wer selbst hinter Windhunden reitet, weiss es, dass beim training derselben, wie besonders während der Zeit, wo sie bügelfest gemacht werden, die schwere Hetzpeitsche eine Hauptrolle spielt. Der Deerhound ist aber bei seiner sonstigen Kühnheit und Tapferkeit überaus weich veranlagt (ein Umstand, der ihn auch als Luxushund so beliebt gemacht hat), seine seelische Vornehmheit duldet einmal keine rauhe Behandlung, er ist für Güte ungemein dankbar und ein strenges Wort genügt, um ihn zum Gehorsam zu bringen. Und da mag es denn bei meinem Freunde, der das harte ungarische Windhundmaterial zu führen gewöhnt ist, auf einige wuchtige Peitschenhiebe >>schorf wie Paprika<< nicht angekommen sein und die Hunde waren verschlagen. Während der eben genannte meiner Freunde in der ungarischen Ebene lebt und nur Hetzreiter ist, habe ich bei einem zweiten Bekannten in Huberto weitere Deerhounds in den Karpathen auf der ungarischen Seite untergebracht u. z. im Zempléner Komitate, mitten in den grossen Beskiden. Dort, in den ungeheueren und keine Grenzen habenden Bergwäldern steht der mächtige Edelhirsch, das Reh und ganz besonders aber Schwarzwild (Wildschweine) in einer Stärke, wie sie selbst bei uns im jagdfreudigen Oesterreich selten ist. Hauptsächlich letzterem Wilde gilt die Jagdpassion meines Freundes, der seine Hunde zu vorzüglichen Findern und Packern erzieht. – Hier leisten merkwürdiger Weise gerade die Geschwister jener Hunde, die beim >>alföldy
Cácsi<<, dem >>Onkel aus der Tiefebene<< mit Hase und Fuchs zu >>zärtlich<< umgehen, auf grobe Sauen (starke Wildschweine), Füchse und selbst schon auf den Luchs vortreffliche Dienste.
Im vorigen Jahre schleuderte ein mächtiger Beskiden-Keiler eine meiner dort befindlichen Hündinnen, u. z. selbstverständlich die allerbeste, mit einer solchen Wucht gegen eine Eiche, dass dem armen Tiere sofort das linke Oberschenkelbein brach. Überhaupt muss ich für dort häufig um Ersatz sorgen, denn es ergeben sich beim dortigen schweren Waidwerke für Jäger und Hunde recht arge Situationen, deren schlimmste ein gehöriger Schmiss in Hose und Fleisch noch lange nicht ist. Bevor ich einem wehrhaften Schwein das kalte Eisen hinter das Schild (Panzer) schieben kann, muss gewöhnlich ein deckender Hund geopfert werden! Freilich, es geht dabei nicht immer mitten in’s rothe Leben hinein, sehr oft aber recht knapp daran vorüber und die krumme Nadel und das Jodoform haben nach jeder dieser Jagden auf Schwarzwild noch ihre Verwendung gefunden.
 Der richtige Jäger geht bei uns mit den Hunden als >>Rüdemann<<; diese Bezeichnung versteht zwar keiner der rauhen Waidmänner, wer aber seine Hunde kennt, gute Läufe und Lungen hat und eine starke Hand dazu, der wird seine höchste Waidmannslust darin erblicken, hinter den treuen Findern und Packern sich durch den dichten Eichenbusch zu winden und die Sauen im Kessel aufzusuchen. Während dann um den Trieb herum die bequemeren, oder auch älteren >>Standschützen<< frierend immer ein Bein nach dem anderen hinaufziehen und bei jedem Hundelaute erregt die Büchse stechen, geniesst der vor Anstrengung glühende >>Rüdemann<< im Dickicht des umstellten Jagdbogens herrliche Waidmannsfreuden. Seine Hunde haben gefunden und die Rotte aus dem Kessel gesprengt, in dem sie sich eingeschoben hatte.  Ein Glück für Jäger und Hunde ist es dann zu nennen, wenn sich die letzteren auf die führende Bache (Muttertier, das junges Wild geleitet) oder den Keiler der Rotte geworfen haben, denn die jugendlichen Ueberläufer (Schwarzwild im zweiten Lebensjahr) und Frischlinge kümmern sich blutwenig um >>Papa<< und >>Mama<<, sie trachten weiter zu kommen und bald kracht es lustig bei den zwei Ständen, zwischen denen die schwarze Gesellschaft aus der Dickung herausbricht.
Sind die Hunde gut und der Schnee tief, so hat unterdessen der scharfe Stahl des >>rüdenden<< Jägers keine gar zu schwierige, da ungestörte Arbeit lautlos verrichten können.
 Ganz anders aber, und bedeutend ungemüthlicher, gestaltet sich die Situation, wenn die Hunde sich für einen der Ueberläufer oder Frischlinge interessirten und diesen nun bei den Gehören (Ohren des Raubwildes) packen. Beim ersten Schmerzenslaute, den der Festgehaltene ausstösst, kommt auch schon die alte Bache wie der leibhafte Satan dahergesaust und wehe dem Jäger oder Hunde, der ihr zu spät ausweicht! Da giebt es dann oft im dichten Unterwuchse ein ganz verzweifeltes Springen und Hüpfen, um den Haderern (Eckzähne im Oberkiefer des Keiler) der grimmen Sau zu entgehen. Hierbei haben nun die Deerhounds sich sehr gut bewährt. – Sie gehen Schwarzwild ungemein und schneidig an, verbellen dasselbe mit gutem, reichlichen Halse und greifen auch gerne zu. Besonders gewandt zeigen sich meine Hunde bei den beschriebenen Angriffen grober Sauen, die sie, wenn ein Ausweichen zur Seite unmöglich ist, einfach überspringen. Leider kann man es sich nicht immer aussuchen, auf welches Stück (allgemeine Bezeichnung für Wild, unabhängig vom Geschlecht) man die Hunde hetzen will: was in den Trieb eingespürt ist, das wird eben bejagt. Aus diesem Grunde kommt es dann oft vor, dass junge, unerfahrene Hunde die stärksten Sauen von vorne angehen und sich schwere Schläge holen. Ist es ja doch eine bekannte Sache, dass bei der Schwarzwildjagd nie ein schlechter Hund, sondern stets nur der beste, der schärfste geschlagen wird. In den Karpathen, sowohl der ungarischen, wie auch auf der galizischen (heute: polnischen) Seite, haben meine Hunde auch Gelegenheit, den Hirsch, das Reh und den Fuchs zu jagen. Wo dies möglich ist, lasse ich sie Anfangs stets mit den Bracken gehen und mit denselben jagen. Ich bezwecke damit zweierlei: erstens zwinge ich die jungen Tiere, die der jagdliche Feuereifer und ihre Schnelligkeit stets vor die langsameren Bracken treibt, ihre wirklich vorzüglichen Nasen im dichten Bergwalde auch zu gebrauchen. Anfangs, ich habe es oft beobachtet, macht dies dem Hunde grosse Schwierigkeiten, er stürmt eine Weile, sogar, wenn er das Wild eräugen konnte, in dessen Fluchtrichtung fort, dann verliert er und beginnt zu schwärmen. Dies ist der erste Moment, der ihn zwingt, die Fährte oder Spur am Boden mit der Nase zu suchen und mit der Zeit bedürfen sie immer seltener des hellen, regulirenden Lautes der gerecht (entsprechend den Regeln der Jagd im edlen Sinne) jagenden Bracken, um wieder zur Fährte zu stehen, sie lernen selbst suchen und Fährte halten. Selbstverständlich hemmt diese Arbeit aber ihre Schnelligkeit und ich erinnere mich nicht, dass meine Hunde irgendwo, wenn sie im Walde mit Bracken gemeinsam jagten, ein gesundes Stück Reh- oder Rothwild niedergezogen hätten. Ich bemerke hier, dass meine eben geschilderte Methode, Deerhounds die Nase gebrauchen zu lernen, sich bereits voll bewährt hat, ich besitze schon einige Hunde, die selbst im dichtesten Walde prächtig und sicher Spur halten. Die zweite Absicht, die ich beim Einjagen meiner hounds mit Bracken verfolge, ist ein – frommer Wunsch –. Der Deerhound jagt stumm. Nur junge Tiere geben, wenn sie einen Hasen aus dem Lager stossen, öfter rauhen Hals, so lange sie auf’s Auge jagen. – Ist er ihnen aber im Busche verschwunden, verstummen sie sofort.
Ich versuche es nun, indem ich meine Schotten mit Bracken jagen lasse, ersteren vielleicht das Halsgeben anzulernen und es durch Paarung solcher Individuen, die hierzu Neigung bekunden, zur erblichen Eigenschaft zu machen. – Vorläufig habe ich nahezu gar keinen Erfolg in dieser Richtung zu verzeichnen, denn ausser einigen >>Quicksern<<, die ich und meine Freunde dann und wann hören, geben meine Hunde keinen Jagelaut.
Ich aber gebe die Hoffnung doch nicht auf – wenn ich es nicht mehr erreiche, gelingt es vielleicht meinem Sohne.
 Meine Ausdauer in dieser Richtung stützt sich auf den sonderbaren Umstand, dass vielleicht keine Race der Welt so eifrig und anhaltend gestelltes Wild >>bail hält<<, verbellt, wie der Deerhound. Englische Autoren erzählen öfter von Hunden, die einen eingestellten Hirsch 24 Stunden verbellt hatten, ohne dass der Bail (Standlaut des Jagdgebrauchshundes) auch nur einmal gebrochen worden wäre. Auch meine Hunde haben schon öfter Gelegenheit gehabt, waidewund (in die Eingeweide) geschossene Hirsche über eine Stunde lang bail zu halten, bis diese auf’s Haupt geschossen wurden. Wenn diese Race denn so vorzüglich Standlaut gibt, warum sollte sie mit der Zeit nicht auch zum lauten Jagen gebracht werden können?!
Ich gehe nun zu meinen Hunden über, die in Steiermark stehen. In der kundigen Hand meines lieben Freundes Sch…l, des steierischen Ehrenmannes mit dem warmen Jägerherzen voll Waldpoesie und Waidmannslust, erfreuen sich meine Lieblinge einer Pflege und hirschgerechten Führung, die besser gar nicht geträumt werden kann. Mein Freund ist es auch, der peinlich gewissenhaft über jede >>Tat<< unserer Hunde Vormerkung führt und dadurch wäre ich in der Lage, eine grosse Menge von Episoden zu berichten, in denen die Deerhounds ihre vorzüglichen jagdlichen Eigenschaften voll bethätigt haben.
Zuerst muss ich erwähnen, dass Herr Sch…l jede Gelegenheit, wo der Hund etwas lernen könnte, ausnützt, ihn wirklich auch etwas zu lehren. Heute jagen die Hounds mit den Bracken >>wie die Zangen<<, morgen sitzen sie mit ihm fein still und manierlich am Stande und >>mucksen<< auch nicht einmal, wenn selbst ihre gestrigen Genossen, die braven Bracken, in nächster Nähe jauchzend und hell läutend mit Wild vorüberkommen. Da ist wieder ein Stück angeschweisst (angeschossen) worden: Hounds her, an den Riemen mit ihnen und Schweissarbeit versucht – mitunter gibt es als Belohnung einen kranken Bock oder Hirsch zu stellen und zu reissen – ich fürchte wirklich, Freund Xand’l macht mir noch leibhaftige >>Kapital-Gebrauchs-Deerhounds<< daraus! Aber nur nicht auf Paarhühner (verpaarte Rebhühner während der Paarzeit), wenn ich bitten darf!
Im eben verflossenen Herbste hatte ich persönlich Gelegenheit, die braven Hunde bei der Arbeit zu sehen. Einer Einladung Herrn Sch…l’s folgend, fuhr ich hinab in die lustige, grüne Mark und am zweiten Tage schon, – der heilige Hubertus möge meinem Freunde dafür in hundert Jahren den Posten eines Jagdleiters im siebenten Waidmannshimmel verleihen –, ward mir das Jägerheil, auf einem Stande einen wirklich kapitalen Zehnerhirsch mit prächtigem Geweih und Grand’ln (Eckzähne im Oberkiefer des Rotwildes) und einen Fuchs zur Strecke zu bringen.
 Es war bei einem gemüthlichen >>Hirschriegeln<< (Treiben im Hochgebirge, bei dem die Schützen an Wechseln, Pässen abgestellt werden) mit Hunden, im trauten Parschlug. Irg’l, der ehrenfeste, unvergleiche Jäger seines hirschgerechten Herrn, hatte früh Morgens auf der Vorsuche in einem der hier charakteristischen >>Köpf’ln<<, (bewaldeten, niedrigen Kuppen, die zum Theil von Feldern und Wiesen umgeben sind), einige Stücke Hochwild bestätigt, darunter zwei brave Hirsche.
Bevor der freundliche Jagdleiter, Herr Sch…l, die Schützen auf die Stände entliess, hielt er leise noch folgende kurze Ansprache an uns: >>Meine Herren! Es ist viel Rothwild im Trieb.
– Ein Jeder macht sich fertig, sobald er am Stande angelangt ist, denn der Hirsch kommt gleich, und so schnell er da is’, so schnell is’ er auch wieder fort!
Jeder bleibt so lange am Stande, bis ihn der Jäger abholt. Für Ihr weiteres, waidgerechtes Verhalten und Schiessen sage ich Ihnen nur Ein’s: Es gilt dem edlen Hirsch, es gilt dem Stolz unserer Berge! Waidmannsheil!<< Freund Sch…l liebt es bei jeder Jagd, seinen Schützen vor Beginn derselben einige markige Worte zu sagen, aus denen es wie harziger Tannenduft und Waldesrauschen weht. – Man spürt es warm um’s Herz und – ich bekenne mich gerne dazu, – feucht im Auge, wenn er gesprochen hat, – fühlt doch ein Jeder: das spricht einer der gerechtesten unter den gerechten steierischen Jägern, ein Waidmann wie er sein soll, schlicht, treu und fromm.
Interessant ist es, seine Jagdgäste zu kennen und beim Waidwerke zu beobachten. Wenn der Irgl aus dem Graben >>Post schickt<<, dass ein paar besonders Kapitale da sind, da streben sie alle, die mein Freund einer Einladung würdig hält, eifrig dem freundlichen Wirthshause im Graben zu, wo man so gut aufgehoben ist.
Keine Fürsten und Grafen, keine hohen Staatswürdenträger sind es, die hier in der Lodenjoppe und den kurzen >>Gamsledernen<< anmarschirt kommen, die sind im Thal der grünen Mürz nur selten zu sehen. Die Jagdgäste sind Bürger, Geschäftsleute, Gutsbesitzer und Beamte aus den nahen Orten, aber alle >>Jager, schon a so!!<< Alle sind zumeist sein Werk, er hat sie sich aus Schiessern herangezogen – sie halten eine höllische Disziplin und wissen es genau: wer nicht parirt, wer sich unwaidmännisch benimmt, hat >>im Parschlug<< zum letzten Male gejagt.
Es klappt aber auch Alles wie am Schnürchen, denn >>der Alte<<, der übrigens noch recht jung ist, versteht in puncto Jagd keinen Spass. Er ist einer der vorzüglichsten Kugelschützen, die ich kenne und wenn ihm deshalb einmal ein besonders schwieriger Schuss daneben geht, so wird er >>grantig<< und schweigsam. Dies wissen seine Gäste gut und keiner wagt es, durch neugierige, fürwitzige Fragen, >>ob er auch geschossen habe<<, >>wie denn das gekommen sei<<, und ähnliche >>dumme<< Bemerkungen den Finger auf die frische Wunde zu legen.
 Ich war an allen Jagdtagen Ehrengast und bekam Stände, na, – ich zweifle wirklich, ob ich selbst, wenn ich angestellt hätte, diese neid- und selbstlose Opferfreudigkeit einem Gaste so bewiesen hätte, wie Freund Sch…l mir es gethan! Ich musste schiessen, so vorzüglich ward ich angestellt. In demselben Triebe, wo ich meinen Zehner streckte, hatte es auch drüben bei ihm geknallt und unter den Gästen erzählte man sich mit besorgten Gesichtern, >>der Vater<<, so wird er auch genannt, habe einen Rehbock, der ihm spitz und sehr weit gekommen, im Stangenholze glatt vorbeigeschossen. Jetzt erst erkannte ich so recht die stramme, jagdliche Wohlanständigkeit, die mein Freund hier eingeführt, wie auch den hohen Grad der Verehrung, die man ihm zollt: kein einziger der Jagdgäste, von denen einige, wenn sie ausserhalb des Parschlug’s, in anderen Revieren jagen, vielleicht doch >>den Schnabel nicht halten<< können, – kein einziger von ihnen wagte es, auch nur mit einer Miene zu zeigen, dass er den Schuss gehört habe! Das nenne ich Anstand und Disziplin. Doch zur Jagd zurück. Als ich meinen Hirsch schoss, den mir zwei Bracken brachten und dann auch bail hielten, waren meine Hirschunde leider auf der anderen Bergseite, es wäre für sie eine grossartige Schule gewesen, diesen >>Studienhirsch<<, der unweit von meinem Stande in einer Dickung im Schweissbette (Schweiss = Blut) sass, zu verbellen. Im nächsten Triebe stand ich auf einem steilen, nicht sehr grossen Schlage. – Tief drinnen im Graben hatten die Hunde gehoben und die Jagd bewegte sich ungemein rasch auf mich zu. Während aber das Geläute noch ziemlich weit erscholl, erschien plötzlich das gejagte Stück, eine riesige Rehgais, auf dem Schlage, überquerte diesen in rasenden Fluchten und verschwand auf der anderen Seite wieder im Walde. Kaum war sie vorbei, als auf ihrer Fährte meine brave Hirschhündin Varuna II aus dem Buschholze der Lisière auftauchte und, auf der Blösse angelangt, stehen blieb, um sich Wind zu holen. Dann aber verfolgte sie erhobenen Hauptes ganz genau denselben Weg, den die Gais über den Schlag durch Brombeeren und Wacholderbüsche genommen und überfiel genau dort, wo das Reh wieder verschwunden war, den dort befindlichen Waldzaun. Nun erst kamen die Bracken, etwa 200 Schritte hinter Varuna, und jagten hellen Halses an der längst verschwundenen Gais. Herr Sch…l erzählte mir, dass dies gar kein seltener, sondern ein ganz gewöhnlicher Fall sei, die Deerhounds jagten bei ihm immer so. Ich glaube, hierdurch allen Skeptikern, die an der Nase des Schottischen Hirschhundes zweifeln, den deutlichsten Beweis vom Gegentheile erbracht zu haben, was ich noch durch viele Beispiele erhärten könnte. Ich bin ja nicht der Einzige, der dies erfahren hat. Mein geschätzter Freund, der Präsident der Schweiz. Kynolog. Gesellschaft, Herr J. B. Staub – Zürich, den ich neidlos als die erste Deerhound-Capazität des Continents anerkenne, hat lange vor mir, im Besitze der herrlichen Hunde Gleen Till und Maida, dieselbe Ueberzeugung ausgesprochen und erst kürzlich schrieb mir auch ein Deutscher Kamerad, Herr Hauptmann Bock-Rockwitz, über seinen Deerhound >>Lord<< wörtlich folgendes: >>….. Lord ist vollständig entwickelt, jetzt 1 ¼ Jahre alt und würde zweifellos gut decken. An seiner Jagdpassion würden Sie ihre helle Freude haben, er hetzt leidenschaftlich gerne. – Seine Nase ist vorzüglich. Als ich ihn neulich einmal an der Leine an ein zahmes Reh führte, legte er sich sofort lang auf die
Fährte, wie ein Schweisshund am Riemen<< u. s. w.
Eine andere meiner Hündinnen, die ideal schöne Highland blake Countess, ist der >>Leibhund<< des braven Jägers Irgl. Sie geht mit ihm zur Vorsuche, Hirsche bestätigen, sie würgt Raubzeug (jagdkulturell bedingte Einteilung für alle nichtjagdbaren Tiere, die anderem Nutzwild nachstellen) wie ein Teufel und gar mancher Fuchs, besonders aber manche >>süsse<< Miez endete zwischen ihrem zermalmenden Gebisse. Ihre Jagdleidenschaft ist grossartig. Sie hatte noch nie einen Rehbock gesehen, als Irgl einen solchen krank schoss und die Hündin, da das Stück eine Fichtenjugend annehmen wollte, anhetzte. Im Nu hatte ihn Countess erreicht, sich ihm an die Drossel geworfen und ihn niedergezogen. Ohne den abgewürgten Bock etwa zu rupfen, kehrte die Hündin zum Jäger zurück und führte ihn tanzend und ruthenwedelnd durch die verdeckenden Büsche zum Verendeten. Auch Varuna, vor welcher einst Herr Sch…l einen Bock anschweisste, zog diesen, jedoch ziemlich weit vom Anschusse, nieder und kehrte dann zum Schützen zurück, um ihn zur Beute zu führen. – Dieser aber übersah im Eifer der Nachsuche das Gebahren der Hündin, leinte sie an und so kam es, dass der Bock erst Tags darauf von Arbeitern gefunden wurde. Ueberhaupt scheint es mir nach meinen, wenn auch noch geringen Erfahrungen, dass der Deerhound bei richtiger Führung ebenso Anlagen zum Verbellen, wie aber auch zum Todtverweisen (Heranführen des Jägers an das erlegte Stück) bekundet, denn auch von anderen Orten höre ich ähnliche Berichte. Meine Hunde in Steiermark jagen jedes Haarwild (alle jagdbaren Säugetiere), auf das sie geführt werden. Wenn ich alle meine Erfahrungen über die bisherige jagdliche Verwendbarkeit der mir gehörigen Schottischen Hirschhunde kurz wiederhole, so muss ich sagen: Der Deerhound besitzt eine ungemein grosse Intelligenz, die aber erst im steten und liebevollen Verkehre des Menschen mit ihm sich zu äussern beginnt. – Rohe, harte Behandlung oder fortgesetztes stumpfes Zwingerleben verträgt er nicht, er wird dadurch dumm und unlenkbar. Seine Nase ist vorzüglich, er muss es nur lernen, sie zu gebrauchen. Er ist scharf auf jedwedes Raubzeug und jagt jedes Wild, an das er gebracht wird, eifrig, feurig und ausdauernd. Es scheint eine ihm erbliche Tugend zu sein, dass er leichteres Wild ohne aufgefordert zu werden, apportirt, ohne eigentlich ein leidenschaftlicher Alles-Bringer zu sein. Schweres Wild, das sich ihm krank oder gesund stellt, verbellt er mit tiefem Laute sehr anhaltend und trachtet dabei stets, es abzuwürgen. Hat er ein Stück gewürgt, oder dieses bereits verendet gefunden, so eilt er zurück, um es dem Jäger zu verweisen. Nebst seinen jagdlichen Tugenden ist der Deerhound aber auch ein Begleithund sondergleichen. Zum grossen Unterschiede von dem gewöhnlichen Windhunde, mit welchem er ausser der Gestalt und dem stummen Jagen gar nichts gemein hat, ist der Hirschhund überaus treu und anhänglich, im Hause nie bissig, gegen Menschen, besonders aber zu Kindern, ungemein gut und sanft. Er geht leidenschaftlich gerne neben Pferden oder dem Fahrrade und dem Wagen und ist vom Sattel oder Sitze aus sehr leicht lenkbar. Ebenso wie er für Güte und Liebe sehr dankbar ist, vergisst er erlittene Misshandlungen nur schwer. Ueberhaupt neigt das Natural des Deerhounds, wie er heute ist, mehr zur Sanftmuth und Schüchternheit und muss es erste Sorge eines jeden Züchters sein, seine Hunde durch entsprechende Uebungen an Selbstständigkeit und Schneid wieder zu gewöhnen. Der Leser dieser Zeilen wird bei der Schilderung meiner Erfahrungen mit dem Deerhound gewiss manchmal die Ansicht gewonnen haben, ich gehe ohne System vor.
Dem ist aber nicht so. Ich wollte zuerst die alte Jagdleidenschaft meiner Race wieder vom deckenden Firniss englischer Salonerziehung freilegen – dies ist mir voll gelungen. Es war mir bis nun vollkommen gleich, was meine Hunde jagten, wenn sie es nur tapfer und umsichtig taten. . Meine nächste Etappe, die ich auch bereits erreicht habe, war, den Deerhound zu lehren, dass er seine ausgezeichnete Nase auch wirklich gebrauchen lerne. Hierzu waren ihm die dichten Bergwälder der Karpathen und Steiermarks wohl eine Schule, wie sich keine zweite finden lässt – die Thatsachen bewiesen dies. Das vorläufige Endziel, das ich mir in der jagdlichen Führung des Deerhounds gesteckt, habe ich schon beinahe erreicht. Ich will dem Herrenjäger, dem es nicht nur um das heute sicherlich nicht mehr allzuschwierige Anbringen tödtlicher Schüsse zu thun ist, sondern der seine Jagdfreuden auch noch durch die Arbeit edler, formenschöner Hunde erhöhen und verherrlichen will – diesem Waidmann nach meinem Herzen will ich im Deerhound einen Hund schaffen, der ihn befriedigen soll. Der schottische Hirschhund, wie ich ihn mir im Verlaufe einiger Jahre für österreichische Jagdverhältnisse geschaffen habe, soll mir in gewisser Beziehung den Schweisshund, manchmal auch den Apporteur und dann auch die Bracke ersetzen, er soll alle Eigenschaften dieser Hunde, gekrönt von jener der Schnelligkeit, in sich vereinen. Der Deerhound begleitet mich am Riemen lautlos zur Pürsch, – gleichgültig, welchem Wilde sie gedacht ist. Das können meine Hunde. Ist mir Diana gut gesinnt, hat sie mir jagdbares Wild gezeigt und mich zum Schusse kommen lassen, dann beginnt die Arbeit des hounds. Habe ich das ehrliche Bewusstsein, nicht verrissen zu haben, so schnalle ich nun unbedingt und hetze an, auch wenn das Wild im Feuer stürzt (wenn Schalenwild = jagdbares Wild mit Hufen auf der Anschussstelle zusammenbricht), denn auch das soll eine Schulung sein. Wie verhältnismässig selten kommt dies aber vor, gewöhnlich flüchtet selbst gut getroffenes Wild (ich denke natürlich hier nur an den gerechten Kugelsschuss), noch weiter, um dann krank zu werden und sich niederzuthun. Hätte ich einen anderen, als den Deerhound bei mir gehabt, so müssten jetzt nach den Regeln der Kunst mindestens zwei Stunden vergehen, bevor ich zur Nachsuche auf der Schweissfährte schreiten darf. Wer kann aber stets diese langen Stunden leicht zu diesem Zwecke opfern? Der Berufsjäger gewiss öfter, als selbst der leidenschaftlichste und gerechteste Jagdfreund, welch letzterer gar häufig aus Zeitmangel auf den schönsten Augenblick – das Finden des erlegten Wildes, – verzichten und die Nachsuche seinem Jäger überlassen muss. In diesem Falle – es ist nichts, als das in’s Oesterreichische übertragene stalking der Schotten, – leistet der Hirschhund herrliche Dienste, in wenigen Sprüngen holt er das angeschweisste Stück ein und zieht es nieder – der Jäger hat sich viele Stunden der Nachsuche erspart und ist im sicheren Besitze des erlegten Wildes. *) Das können meine Hunde auch. Wird aber aus dem stalking ein hunting, d.h. hat der Jäger vorbeigeschossen und hetzt trotzdem an, – nun, so ist ihm eben das geschehen, was er sich verdient hat, die Jagd geht in die blaue Ferne, wie sie es mit Schweisshunden oder gar Bracken ebenfalls gegangen wäre. Und das können meine Hunde leider auch! Doch nicht allein zur Pürsch, auch zum Standtreiben im Walde und Hochgebirge eignet sich mein Liebling als treuer Arbeiter und ich weiss mir ausser beim gerechten Pürschgange wohl keine schönere, herzerfreuendere Verwendung für ihn. Wir sind im winterlichen, schneebedeckten Bergwalde angestellt worden. Vorsichtig den Ausschuss prüfend, haben wir uns an einer mächtigen Buche eingerichtet, der treue Hund, oder, was besser ist, die Koppel edler Deerhounds sitzt regungslos – wohlerzogen daneben und späht gleich uns hinaus in den laublosen, schütteren Winterwald – weit, weit entfernt hört man undeutlich schon Treiberlärm. ____________________________________________________________________________________________________ *) Ich brauche es gewiss nicht besonders zu erläutern, welchen unschätzbaren Vortheil dies hat, wenn man in nächster Nähe der Reviergrenzen jagt! An den Flügeln, dort, wo gerne die Randhasen hinausfahren, hat es schon lustig geknallt – nur bei uns, im Herzen des Waldes, ist noch ernste, spannungsvolle Stille – nichts rührt sich. Da – zum Teufel, ist denn hier ein Mensch verborgen? – ein tiefer, zitternder Seufzer dicht neben uns bebt leise durch die Luft. – Narrenspossen – die Deerhounds sind’s, und keine verwunschenen Wildererseelen! Bebend vor hochgradiger Aufregung sitzen die Edlen neben einander auf den Keulen, ein Zittern, wie heisse Fieberschauer, fliegt durch die stahlsehnigen, hartbemuskelten Körper, die kleinen, schwarzen Augen flackern in lohenden Feuerblitzen, bald stahlgrün, bald wieder wie verglühende Kohlen und begehrlich lecken die blutigrothen Zungen die feuchten Nasen und borstigen Lippen. Und wieder so ein tiefer, sehnsüchtiger Seufzer. Die Ruthen beginnen leise wedelnd zu zucken. Verwundert folgen wir den lodernden Flammenblicken unserer guten Hunde – da huscht es auch schon weit vor uns dunkel über den weissen Schnee, jetzt noch einmal und – da kommt er vergnügt herangetrabt, der edle Schuft und Galgenvogel Reineke! Ahnungslos, ein höhnisches Grinsen auf den halbgeöffneten Lippen, schnürt (Fortbewegen des Fuchses, des Wolfes und des Luchses, wenn sie ihre Pranten = Pfoten so hintereinander setzen, dass ihre Abdrücke eine gerade Linie bilden) er im gemächlichen Trabe daher, manchmal bleibt er stehen und äugt nach rückwärts, von wo die Treiber jetzt näher kommen. Ein Glück, dass sich jetzt die dicke Buche zwischen uns schiebt und der Rothe ganz in sich versunken scheint, denn unsere Hunde seufzen zum Erbarmen – wie Backfische nach der Frühjahrs-Parade – und – Nun hole aber der Teufel die Enthaltsamkeit – der Fuchs ist unweit von uns über den Weg geschnürt – wir mussten ihn passiren lassen, denn nie hetze man >>in die Zähne<< an – jetzt aber gleitet leise, dass selbst die bebenden Hunde den Beginn ihrer Freiheit noch nicht ahnen, die Schnur durch die Halsungsringe und >>Kill!<< tönt unser Schrei! Wir haben nicht geschossen, es war auch nicht nöthig. Wie zwei Pfeile von längst gespanntem Bogen, so sind die Hunde von unserer Seite in rasendem Satze und mit offenem Fange in die Luft geflogen, aber auch Reineke hat sich als Springer nicht spotten lassen, doch sein Schicksal ist besiegelt. Nach hundert Schritten haben sie ihn. Schneewolken, frostklirrende Aeste, drei Thierkörper in herrlichen Kampfesstellungen – bald sind’s nur mehr zwei, und nicht lange nachher bringen die hounds den gewürgten Freibeuter, vor jedem hindernden Baume stehen bleibend und an ihm zerrend, herbeigetragen, um sich hechelnd mit offenem Fange neben uns auf den Schnee zu werfen. Welch’ hohes Jägervergnügen es ferner auch ist, auf niedrigen Schlitten an frostigen Wintertagen den >>mausenden<< Fuchs mit Deerhounds >>anzufahren<<, oder ihm zu Fusse den Weg zum Walde abzuschneiden und dann die Hunde anzuhetzen, erzähle ich vielleicht ein ander Mal. Hier will ich nur noch erwähnen, dass auf den grossen Kreisjagden um Wien ein Deerhound im Besitze des Universitäts-Professors Dr. Ch. als schneidiger Apporteur prächtige Dienste leistet und jeden Hasen, selbst auf die weitesten Entfernungen, tadellos bringt. Wie ich den Deerhound bei Pürschen und Waldtreiben verwende, habe ich soeben erläutert, es erübrigt mir nur noch, seiner Eignung als Bracke und Schweisshund zugleich Erwähnung zu thun. Bei uns in Oesterreich-Ungarn sind wir Jägersleute noch an gar vielen, vielen Orten in der glücklichen Lage, unser edelstes Wild, den Hirsch, nach Väterweise mit Bracken lustig bejagen zu können. – Was dies bedeutet, kann nur Jener ermessen, welcher derlei herrliche urwüchsige Jagden in unseren Alpen oder den grünen, einsamen Karpathenthälern miterlebt hat – miterleben durfte. Ich habe schon vorhin mir darauf hinzudeuten gestattet, dass sich die Begriffe der Bezeichnungen hunting und stalking, so fremd und >>wild<< sie auch dem deutschen Jägerohre klingen mögen, recht leicht in landläufige und dabei gerechte österreichische oder deutsche Jagdarten oder – Vorkommnisse (hunting) umsetzen lassen und dann ganz harmlos aussehen. Auch bei der Verwendung des Deerhounds als Bracke haben wir Gelegenheit, eine spezifisch schottische und auch so bezeichnete, oft wiederkehrende Phase der Hirschjagd mit schnellen Hunden, ohne am Sinne etwas zu ändern, in unser ehrliches Jäger-Deutsch übertragen zu können. Wird ein Hirsch, besonders im Berglande oder Hochgebirge, von scharfen, schneidigen Hunden gejagt, so dauert es gar nicht lange und er geht, – jetzt kommt der fürchterliche schottische Ausdruck, – er >>geht at bay<<. Wenn wir dafür sagen: >>Er geht in’s Wasser<<, so bedeutet dies dasselbe und klingt nicht fremd. Für die Hirschjagd mit Hunden, selbst durch den dichtesten Wald, eignen sich meine geschulten Deerhounds, die es gelernt haben, ihre feinen Nasen gut zu gebrauchen, vorzüglich. – Sie sind aus Naturanlagen Meister im bail halten und wenn der gejagte Hirsch nach kurzer, schneller Jagd zu Thale flüchtet, um sich an ihm wohlbekannten Orten im Bette des wilden Gebirgsbaches zwischen Klippen und Schnellen gegen jeden Angriff möglichst gesichert einzustellen, so erlebt der Jäger auch bei uns die packendsten >>Hochlands-Szenen<<, würdig des Pinsels eines Sir Landseer oder Ansdell, jener beiden englischen Meister, die in der bildlichen Verherrlichung des Deerhounds ihren Ruhm gesucht und auch gefunden haben. Die, meiner Arbeit hier beigegebenen Bilder sind Reproduktionen einiger Werke dieser beiden berühmten Künstler. – Sie brauchen nicht kommentirt zu werden, sie sprechen für sich selbst. Leider kann ich Ihnen mit Ausnahme der Anfangsvignette, die meine beiden Hündinen H. Schuloch und H. Queen Bess darstellt, diesmal gar keine Bilder von Hunden meiner eigenen Zucht übersenden, da sich meinen sämmtlichen Clichés in Moskau befinden und ich sie nach ihrem Eintreffen bereits einem anderen kynologischen Fachblatte Deutschlands versprochen habe. Ich hoffe aber, dass es mir möglich sein wird, in kurzer Zeit ein nach der Natur aufgenommenes Momentbild Ihnen schicken zu können, dessen Unterschrift lauten soll: >>Deerhounds, einen Alpenhirsch bail haltend.<< Und dabei sollen keine schottischen Jäger stehen mit Plaid und Kilt, sondern Steierer in >>Gamsledernen<< und >>Wad’lstutzen<>Oesterr. Hundesport<< setzte ich mich mit Herrn Oberförster Schön in anfänglich schriftliche, dann persönliche Verbindung und verdanke der grossen Liebenswürdigkeit dieses Herrn, eines Zöglings der berühmten alten hannover’schen Jägerschule, viele ungemein werthvolle Daten über die jagdliche Verwendbarkeit des Deerhounds. Herr Schön benützte die Hunde hauptsächlich zum Fangen und Niederziehen angeschweissten Hoch- und Damwildes in den an der March gelegenen Revieren der fürstlich Liechtenstein’schen Herrschaften Feldsberg und Eisgrub und äusserte sich darüber sehr befriedigend. Als der grosse Thiergarten aufgelassen und daher ausgeschossen werden sollte, leisteten die Deerhounds ganz besonders vorzügliche Dienste. Oft kam es vor, dass aus grossen, zur Aesung ausgetretenen Rudeln ein Hirsch herausgeschossen wurde, der aber nach dem Schusse krank noch mit dem Rudel abging. Es soll nun eine ganz besondere Eigenschaft dieser Deerhounde gewesen sein, dass dieselben unfehlbar und ohne sich nur einmal zu irren, das angeschweisste Stück auch aus Rudeln von 60-80 gesunden herausfingen und niederzogen. Mutterthiere und Kälber packten sie zumeist beim Graser (Zunge) und hielten sie solange fest, bis diese abgefangen werden konnten. Als es später keinen Thiergarten mehr gab, wurden auch keine Hirschhunde mehr nachgeschafft und so starb die Race hier wieder aus. Ein Augenzeuge erzählte mir ferner auch von einer Parforcejagd (Hetzjagd zu Pferde hinter der Meute), die in Oesterreich hinter Hirschhunden etwa vor zehn Jahren geritten worden ist. Auf Einladung eines österreichischen Aristokraten, dessen Name mir entfallen ist, hatte ein Mitglied des englischen Hochadels seine zwei Deerhounds nach Oesterreich kommen lassen, um sie hier in ihren jagdlichen Eigenschaften zu zeigen. Sie wurden nach Holics gebracht, wo die kaiserlichen Meuten stehen, hinter denen alljährlich die berühmten Hirschjagden von Mitgliedern des Hofes, der Aristokratie und dem k. u. k. Militär-Reitlehrer-Institute geritten werden. Diesmal sollten aber nur die beiden Deerhounds verwendet werden, die kaiserliche Meute blieb in den Kennels. Als das zahlreiche Feld sich auf dem Hügel versammelt hatte, wo gewöhnlich die Jagd beginnt, ward auch der aus Gödöllö stammende Zehnerhirsch aus dem Kasten, in dem er gekommen war, befreit und ging sofort in voller Flucht ab. . Erwähnt sei die jedem unserer Jagdreiter bekannte, sonderbare Thatsache, dass fast alle Hirsche, die gewöhnlich aus Ungarn im Kasten gebracht werden, sobald sie frei sind, ohne je hier gewesen zu sein, sofort die Richtung gegen die March einschlagen, die etwa zwei Stunden entfernt vorüberfliesst. Auch dieser Zehner war dorthin flüchtig geworden, ohne dass ihn natürlich die beiden hounds früher hatten zu Gesichte bekommen, und bald war er im bedeckten und durchschnittenen Gelände verschwunden. Erst nach vollen zwanzig Minuten wurden die zwei Deerhounds an die Fährte gelegt und bald konnte der Master das Feld entlassen. Beide Hunde hatten fast augenblicklich die Fährte angefallen und jagten nun stumm und in grosser Schnelligkeit an derselben, sodass sie dem Felde, das viele Hindernisse zu nehmen hatte, bald entschwanden. Als nach einem run von einer Schnelligkeit, wie sie selbst hier noch nicht erlebt worden war, die ersten Reiter mit dem Master die March erreicht hatten, fanden sie mitten darin den Hirsch, den die beiden Deerhounds laut Hals gebend umschwammen, ohne sich ihm an die Drossel werfen zu können, – das tiefe Wasser erlaubte keinen Absprung und ohne einen solchen konnten die Hunde dem wüthend forkelnden (mit dem Geweih verletzen) Edlen nichts anhaben. Das Ende der Jagd war, dass Graf A. mit seinem Pferde in’s Wasser sprang und den Hirsch mittelst einer langen Leine einfing. Auch diese geschilderte Jagd ist ein klarer Beweis für die vorzügliche Nase des Hirschhundes. Ich glaube nun, über den Deerhound und meine, mit demselben angestellten Versuche, die ich noch lange nicht als abgeschlossen betrachte, das Hauptsächlichste gesagt zu haben und beeile mich, zum Schlusse zu gelangen. Ausdrücklich muss ich betonen, dass es mir nie in den Sinn gekommen ist, den Schottischen Hirschhund als ein jagdliches Wunderthier, ausgestattet mit den vielfachsten jagdlichen Tugenden schildern zu wollen. Ich verwahre mich auch feierlichst gegen die Annahme, der Deerhound sei ein >>Gebrauchshund<<, dessen >>Vielseitigkeit<< in Bälde alle anderen Rassen verdrängen oder auch nur ersetzen könne. Nein! Dies wird nie der Fall sein.

Der Deerhound war bisher eine seltenere, eine aparte Rasse und wird es wohl auch in der Zukunft bleiben. Er ist kein Hund für Jedermann, besonders aber kein Hund für jeden Jäger. Wer ihm mit Vorurteilen entgegenkommt, wer seinen ungewohnten Anblick nicht überwinden kann und in ihm nur den geistlosen >>Windhund<< erblickt, der lasse lieber ganz von ihm. Auch der gewisse unduldsame und einseitig verschrobene >>Gebrauchshundmann<<, der nur einen >>Pudelpointerteckel-Windschäferbernhardiner<< im Jagdbetriebe und Hause sehen und die übrige Welt aber vergiften möchte, wird sich nie mit ihm befreunden können und das ist recht gut so. Für den Herrenjäger aber, den es pekuniär unberührt lässt, ob er einigen Hunden mehr das Futter bietet, der nach einem jagdlichen Vollgenusse strebt und diesen in der Arbeit formenschöner Hunde, im urwüchsigen Waidwerke und nicht allein im blossen Scheibenschiessen auf lebendes Wild erblickt, für einen solchen Waidmann ist der Deerhound der richtige Geselle, der ihm keineswegs alle anderen Hunderassen ersetzen, seine freigebig ausgestattete Jagdequipage aber nützlich vervollständigen wird. In unserer fieberhaft hastenden Epoche, deren Sinn nur auf raschen, wenig Zeit raubenden Genuss gerichtet ist, ist es leider auch der Jäger selbst, der mit jeder der vielen >>praktischen<< Neuerungen, betreffe sie nun Waffen, Geräthschaften oder den Jagdbetrieb selbst, unserem Waidwerke einen Lappen Nimbus und duftiger Poesie nach dem anderen vom kranken, verfolgten Leibe reisst. Und so ist es mir denn vollkommen klar bewusst, dass gar mancher jener >>äusserst Praktischen<< mitleidig und missbilligend lächelnd über meine Liebe zu dem so >>unpraktischen<< Deerhound das weise, allwissende Haupt schütteln wird: wozu soviel Sorge, wozu soviel Liebe und Mühe für ein Thier, das im heutigen Jagdbetriebe leicht entbehrt werden kann!?
Wem das nicht aus meinen Zeilen klar geworden ist, der würde mich auch nach weiteren
Erklärungen nicht verstehen wollen und ich finde denn auf solche Fragen keine bessere, treffendere Antwort, als die geflügelten Worte jenes selbstbewussten jagdfreudigen Franzosenkönigs:
 Car tel est mon plaisir! – Weil’s mi so g’freut!

Mit herzlichem Waidmanngruss
Ihr sehr ergebenster
Fr. B. Laska, k. u. k. Hauptmann.